Marie #57#
Der Schah und seine gesamte Familie haben den Iran verlassen.
Ein paar Tage später landete Ajatolla Khomeini auf dem Flughafen
Mehrabad. Er hatte einen Monat zuvor sein Exil im Irak verlassen
können da ihm Frankreich Asyl gewährt hatte. Von dort aus konnte
er dann seine Rückkehr in den Iran panen und antreten .
Es hatte im Iran eine Revolution gegeben. Frauen, sonst ohne Schleier
oder Kopftuch trugen nun, die Faust in die Luft geballt, den Schleier
und protestierten gegen das Schah Regime das sie für korrupt hielten.
Sie wollten mehr Freiheiten für alle und die wollten sie nun mit ihren
Protestmärschen erreichen. Fast ein Jahr dauerte das Prozetere, dann
war der Schah weg.
Khomeini versprach den Menschen Besserung im Land. Gratis Strom
und Wasser für alle. Er selber wollte sich in die Politik des Landes
nicht einmischen. Wollte sich nach einer kurzen Übergangszeit in die
heilige Stadt Ghom zurück ziehen. Es gab Wahlen. Abolhassan Banisadr
gewann die Wahl und war von nun an Präsident der jungen Republik
die keine Monarchie mehr sein wollte. Alle waren zufrieden.
Alle? Nein, nicht alle. Die Vertrauten des Schahs verließen fluchtartig
das Land. Konnten gerade noch ihr Hab und Gut ins Ausland retten.
Im Sommer 1980 wollte Marie mit ihrer Tochter nach Teheran fliegen
um die Familie zu besuchen. Jaden war beruflich so eingespannt und
hatte keine Zeit, aber Marie brauchte eine Abwechslung.
Wegen der Unruhen im Jahr davor hatten sie auf eine weitere Reise
verzichtet, aber nun schien es als ob es dort ein wenig ruhiger geworden ist.
Statt alleine nach Italien zu reisen wollte Marie ihre kleine Tochter
endlich der Familie vorstellen.
Inzwischen war Jadens Mutter mit ihrem Mann in ein anderen Haus
gezogen das sie von einem geflüchteten Bekannten abgekauft hatten.
Hier gab es einen großen Garten und Pool. Und Platz für den verlorenen
Sohn, der endlich zurück zu seiner Frau und seinem Kind gekehrt war.
Jadens Bruder! Das war für Marie eine Freude, wussten sie doch nichts
von dieser Neuigkeit. Alles war zu frisch. Die kleine Tochter von Jadens
Bruder und Shiva war 7 Monate älter als Maries Tochter und so konnten
die beiden wunderbar mit einander spielen.
Marie wunderte sich das im Pool kein Wasser war. Es war doch Sommer
und sehr heiß. Da wäre ein Abkühlung doch genau das richtige.
Aber Jadens Mutter winkte ab. Zu gefährlich. Von den umliegenden Dächern
hatte man Einblick in diesen Garten und konnte den Pool sehen und nach
der Revolution war es nicht gerne gesehen sich unzüchtig zu zeigen.
Eineinhalb Jahre nach dem Weggang vom Schah war fast nichts mehr wie
vorher. Als Frau durfte man zwar noch ohne Kopfbedeckung oder Schleier
und mit kurzärmigen T Shirt auf die Straße gehen. Wurde aber immer wieder
von einigen Leuten schief angeschaut.
Ein paar Tage später kam Jadens Schwester völlig aufgebracht zu ihrer Mutter
und schimpfte. Sie sollte ab sofort in ihrem Büro mit langarmiger Bekleidung
und Kopftuch erscheinen. Sie sagte das sie das auf keinen Fall machen werde.
Dafür hätte sie nicht in der Revolution gekämpft. Nicht um ihre Freiheiten
zu verlieren. Alle waren verunsichert. Man hörte keine Musik mehr.
Das Land hatte sich total verändert. Die Fröhlichkeit war abhanden gekommen.
Als Marie zwei Wochen dort war kam Jadens Mutter mit einem traurigen und
besorgten Gesicht in Maries Zimmer und sagte das der Schah gestorben ist.
Und das der Irak dem Iran mit Krieg bedroht.
So sehr sie Marie und die Kleine bei sich haben würde, aber es ist besser
so schnell wie möglich abzureisen. Auch die Frau vom anderen Sohn, die
in Italien lebten, war zu Besuch gekommen. Sie wollte nicht abreisen, wollte
unbedingt noch ein paar Wochen bleiben.
Marie entschied sich aber ihren Rückflug vorzuziehen und flog nach einem
knapp dreiwöchigen Aufenthalt in Teheran zurück nach Deutschland.
Eine Woche später begann der Krieg. Der Flughafen wurde gesperrt und niemand
mehr konnte das Land verlassen. Die Intuition von Jadens Mutter war also genau
richtig und Marie war in Sicherheit. Die Frau von Jadens Bruder konnte erst
drei Monate später, wie auf einer Flucht über die grüne Grenze und dann von
der türkischen Grenze aus mit dem Bus nach Istanbul und von dort aus mit
dem Flugzeug nach Italien zurück kehren.
Teheran wurde bombardiert! Der Krieg hatte begonnen und sollte 8 lange Jahre
dauern. Nichts wird mehr wie früher sein und es sollte 10 Jahre dauern bis
Marie und Jaden mit ihren Kindern gemeinsam das Land wieder besuchen werden.
Fortsetzung folgt ...
Copyright: Heidemarie Khan Shaghaghi
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