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Freitag, 9. Oktober 2015

Prinz Geschichte (14)

Jaden #14#


Das Flugzeug setzte sanft auf die Landebahn vom Flughafen Mehrabad auf.
Jaden war wieder in seiner Heimat. 10 Jahre hatte er sie nicht mehr sehen
können. Dieser verdammte Krieg hat viele Menschen sterben lassen und
vieles zerstört. Nun kam langsam Normalität wie man ihm sagte und er hatte
vor an sein altes Export-Business mit dem Iran anzuknüpfen.
Sie haben einen Stand auf der Industrie Messe in Teheran gebucht und
er wollte die neuen Personalcomputer vorstellen die die Arbeit in den
Betrieben, Universitäten und Geschäften erleichtern sollte.

Er hatte niemanden aus seiner Familie von seiner Ankunft erzählt und sich
im ehemaligen Hotel Hilton für die Zeit die er hier bleiben möchte ein
Zimmer gebucht. Marie und die Kinder hatte er nicht mit genommen,
denn zu viel Geschäfte würden ihm keine Zeit geben sie auch mit ihnen
zu verbringen. Deshalb hatte Marie sich eine Reise nach Mallorca gebucht
wo auch sein langjähriger Freund Mahmud mit seiner Familie Urlaub
machen wird. Sie war dann nicht  alleine. Erst vorgestern hatte er
sie zum Flughafen gebracht und sie wollten genau die 3 Wochen dort
bleiben die er hier in Teheran geplant hatte. Hoffentlich wird die Messe
ein Erfolg, denn er kannte den Markt dafür noch nicht. War sich aber
sicher das auch hier die kleinen Personalcomputer den Einzug in die
Firmen finden wird wie bereits in den USA und in Europa.

Am Airport erwartete ihn bereits ein Freund der ihn in den 3 Wochen
begleiten wollte und vor allen Dingen seine Kontakte zum persischen
Zoll, denn die Vorführmodelle waren inzwischen eingetroffen und
warteten darauf  abgeholt zu werden. Schließlich sollte die Messe
bereits in einer Woche beginnen. Der Messestand mit dem Logo war
schon in Arbeit und konnte aufgebaut werden. Fehlt nur noch das
Wichtigste. Die Ware die es zu verkaufen galt.

Jaden hatte seine Heimat ja zuletzt noch zur Shahzeit besucht wo er
viele Kontakte und Beziehungen hatte. Das hatte sich alles verändert
und es gab neue Regelungen und Bestimmungen die es galt einzuhalten.
Deshalb nahm er seinen Freund mit ins Boot der die ganze Zeit über
im Iran geblieben ist und deshalb vertraut mit den jetzigen Gepflogenheiten.

Sie fuhren durch die immer noch glitzernde Stadt, aber das Straßenbild
war total verändert. Wo er früher eher europäisch gekleidete Frauen
sehen konnte, waren es heute tief verscheierte Frauen oder mit Kopftüchern
die nicht mehr viel vom Gesicht sehen ließen und Mäntel bis an die
Knöchel trugen. Nirgendwo hörte er Musik aus den Autos, wie er es
von früher her kannte. Alle schauten düster oder gar ängstlich.
Wie gut das Marie nicht hier war. Sie hätte sich sicherlich sehr unwohl
gefühlt. Und auch seine Tochter sollte sich bereits dieser Kleiderordnung
anpassen müssen, war sie doch bereits 12 Jahre alt. Es war bedrückend.

Im Hotel angekommen, das jetzt Esteghlal heißt, stellte Jaden fest das
auch hier sich einiges verändert hatte. Der gesamte Gartenbereich war
zwar nach wie vor gepflegt, aber auch dort keine Musik mehr.
Die Kellner, früher mit Fliege, hatten jetzt Hemden mit Stehkragen und
einen eher ungepflegten Bart. Allerdings waren sie nach wie vor höflich
zu ihren Gästen was Jaden positiv fand. Die Zimmer sauber und ordentlich,
aber noch im Standart der 70er Jahre. Da hatte man nichts geändert, aber
auch nichts erneuert.

Am darauf folgenden Tag gingen sie sofort zum Zoll um die Computer
für die Messe zu holen. Man schickte sie von einem Büro in das nächste.
Dann sollte es das richtige sein und sie warteten. Eine Stunde, zwei Stunden.
Irgendwann sahen sie das die Mitarbeiter in die Mittagspause gingen die
dort im Schnitt mindestens 2 Stunden ausmachte. Jaden war total sauer,
war er so eine Behandlung von Deutschland ja überhaupt nicht mehr gewohnt.
Er ging zum einzigen noch arbeitenden Sekretär und fragte wie lange sie
denn noch warten müssten. "Heute wird es nichts mehr. Mein Chef ist
bereits nach Hause gegangen. Sie müssen morgen wieder kommen"
Jaden war total aufgebracht , hatte er doch keine Zeit für solche Spielchen.
"Und wenn ich morgen komme warte ich wieder 5 Stunden umsonst?
Was ist nur aus diesem Land geworden" Der Sekretär schaute ihn nachdenklich
an. "Kommen sie morgen wieder und ich verspreche ihnen das wir alles
erledigen, denn eigentlich ist das früher meine Aufgabe gewesen Zollpapiere
abzufertigen. Nun hat man mir einen neuen Vorgesetzten vor die Nase gesetzt"
Etwas Verbitterung sprach aus seinen Worten und Jaden tat es Leid das er
so ungehalten mit ihm gesprochen hatte. "Gut, dann komme ich morgen wieder"

Am nächsten Tag hatte der Mann die Papiere tatsächlich fertig gemacht,
von seinem Chef unterschreiben lassen und bat Jaden sich mit ihm zu
einem Tee zu treffen. Außerhalb der Zollbehörde natürlich.
Was könnte er von mir wollen, fragte sich Jaden. Aber ich brauche die Ware
und höre mir erst einmal an was er will.
"Sie kommen doch aus Deutschland" fing er die Konversation an. "Ich liebe
deutsches Bier. Wir bekommen hier ja kein Bier mehr, außer wir haben
Kontakte zu Armeniern die heimlich Bier verkaufen. Mein Wunsch ist
einmal wieder ein Bier zu trinken" Jaden schaute ihn an und fing an zu
lachen. An so etwas hatte er überhaupt nicht gedacht. Vielleicht an eine
Bestechungsumme. Aber dieser Mann hier wollte endlich mal wieder ein
Bier trinken. "Geben Sie mir ihre Telefonnummer und ich werde versuchen
ihnen ihr Bier zu besorgen. Und sie sorgen dafür das ich morgen meine
Computer am Messestand habe. Dann werde ich ihnen ihr Bier übergeben"

Gesagt, getan. Jaden fand über seinen Freund tatsächlich jemanden der eine
Palette Bier verkaufte, die nun in seinem Fahrzeug, versteckt unter Decken
auf seinen neuen Besitzer warteten.

Die Computer wurden pünktlich angeliefert und mit Hilfe eines Cousins
der Informatik studiert konnten sie angeschlossen werden. Der Messe
stand nun nichts mehr im Wege.

Am Abend fuhren sie zum Haus des Zollbeamten und übergaben ihm die
Decke samt Inhalt. Dieser lud sie sofort zum Essen bei sich zu Hause ein,
aber Jaden lehnte dankend ab. Er hatte seinem Vater versprochen ihn
heute zu besuchen. Bisher hatte er keine Zeit für private Verabredungen.
Und sein Vater war bereits alt und da war es besonders wichtig ihn zu sehen.

Ein paar Tage später begann die Messe. Aus Deutschland war noch ein weiterer
Spezialist angereist und mit seinem Cousin waren sie nun 3 Personen an ihrem
Messestand. Der Freund stand auch bereit, war aber eher für das leibliche
Wohl der Kunden zuständig.

Es sprach sich herum das ein deutscher Computerstand auf der Messe war und
schon bald kamen Abgeordnete aus den Universitäten, den Ministerien und
auch ein Investor für ein Shopping Center das gerade auf der Insel Kish, die
im persischen Golf liegt, gebaut wurde. Man wollte die Shops mit den modernsten
Kassensystemen ausstatten und das war ein Auftrag der sich für Jaden richtig
lohnen würde.

Zufrieden von dem Ergebnis der Messe wollten sie mit dem deutschen Mitarbeiter
und dem Freund eine kurze Reise nach Isfahan machen. Dort hatten sie bereits
3 Zimmer in dem alten, traditionellen Hotel Shah Abbas gebucht. Jaden war
gespannt wie es jetzt dort aussah. Hatte er doch das letzte mal Isfahan 1972
mit Marie besucht. Auch damals waren sie in diesem Hotel und es war wunderbar.

Aber Isfahan war immer noch die selbe Stadt, hier schien die Welt stehen
geblieben zu sein. Und sie schauten sich in den 2 Tagen alle Sehenswürdigkeiten
an, wie damals mit Marie. Schade das sie jetzt nicht mit den Kindern hier sein
kann. Nun war der Stress von ihm gewichen und er konnte wieder klar denken.

Zurück in Teheran musste er neben den noch verbliebenen geschäftlichen
Angelegenheiten endlich auch seine Familie besuchen. Viele waren ja im
Ausland, aber es gab noch genügend die hier geblieben sind.
Auch sein Bruder ist mit seiner Familie aus Italien wieder in die Heimat
zurück gekehrt, wohnte aber zur Zeit noch in dem großen Haus der Tante.
Sie war inzwischen auch Witwe geworden und hatte das Krankenhaus zu
einem Seniorenheim umbauen lassen. Viele alte Menschen, deren Verwandte
nun im Ausland lebten waren dankbar für diese Einrichtung, da sie ihre
Lieben gut versorgt wissen. Früher wäre so etwas undenkbar gewesen, aber
was sollte man tun wenn einfach niemand mehr da war um sich um die Alten
zu kümmern. Die Tante hatte ein Team Krankenschwestern und Ärzte eingestellt
und sorgte als Patronin das alles seine Ordnung hat.

Die Computer die Jaden für die Messe hatte einfliegen lassen, wurden sofort von
der Universität gekauft und das Auftragsbuch füllte sich immer mehr.
Die Reise war ein voller Erfolg und er würde wieder kommen.



Fortsetzung folgt ...

 Copyright: Heidemarie Khan Shaghaghi 




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