Marie #43#
Als sie vor dem Haus der Mutter eintrafen wartete schon eine Menge
Verwandte auf sie. Wie war die Freude groß als sich alle wieder in die
Arme schließen konnten. Und die Freude wurde noch größer als sie
bemerkten das Marie persisch gelernt hatte. Nicht so viel. Sie hatte ja nur
ein Jahr Unterricht, aber sie verstand jetzt mehr von den Gesprächen und
konnte langsam ein paar Sätze selber dazu beipflichten. Wie immer bei
solchen Gelegenheiten wurde viel gegessen und hinterher Tee getrunken.
Marie und Jaden waren überhaupt nicht müde obwohl sie so eine lange,
anstrengende Reise hinter sich hatten. Alles plapperte durcheinander,
erzählte von diesem und erzählte von jenem. Wer geheiratet hatte, wer
verstorben ist. Wer ins Ausland gegangen ist, eben alles.
Der kleine Bruder war ein mächtiges Stück gewachsen und freute sich als
Marie ihm das sagte. Morgen waren sie alle bei dem Haus der Tante eingeladen,
denn inzwischen war die Großmutter Khanoum Jan, die sie noch im letzten
Jahr besucht hatten, verstorben. Man hatte das Jaden nicht erzählt. Das ist so
üblich in Persien wenn jemand im Ausland lebt sollen ihn keine traurigen
Nachrichten beunruhigen. Aber Jaden war traurig und froh zugleich sie im letzten
Jahr noch einmal gesehen zu haben. Das allmonatliche panjomeh Mah Treffen
fand nun bei seiner Tante statt und das Dienstmädchen seiner Großmutter wohnte
auch gleich mit bei ihr im Angestellten Trakt und konnte jetzt ihren Alterruhesitzt
genießen, denn sie war fast ihr ganzes Leben Dienerin in der Familie und
wurde wie ein Familienmitglied behandelt.
Das Hausmädchen von der Mutter wohnten ja auch in einem Zimmer neben der
Küche und hatten ihr eigenes Bad und Toilette. Fernsehen schauten sie mit der
Familie, aber am Boden sitzend. Aber essen musste sie auch in der Küche.
So war es überall üblich wenn es Hauspersonal gab. Das Dienstmädchen
von der Mutter hieß Fatemeh. Sie war wohl so Anfang 40 und bereits einmal
geschieden. Ihr Mann hatte sie misshandelt und so war sie dankbar über diesen
schönen Job bei der freundlichen Mutter von Jaden. In den Jahren die sie dort lebte
konnte sie sich ein kleines Geldpolster anlegen und als sie genug hatte das es für
einen gebrauchten Minibus reichte, ging sie auf Männersuche. Jede Woche
hatte sie ab Donnerstagnachmittag bis Freitag Abend frei und fuhr zu ihrer Familie
die auf dem Land lebten. Sie freundete sich mit dem Busfahrer an der sie in ihr Dorf
fuhr und als sie ihm einen eigenen Bus in Aussicht stellte war der Heiratsantrag nicht
mehr weit. So kam es das sich die Mutter nach diesen langen Jahren von Fathemeh
verabschieden musste und für sie kam Osra. Osra war auch verheiratet und hatte eine
kleine Tochter und die beiden lebten in diesem Zimmer hinter der Küche und die
Tochter wurde mit Spielzeug und Kleidung von der Familie beschenkt und kannte
keine Scheu sich in der großen Wohnung zu bewegen. Sie war wirklich sehr niedlich.
Leider konnte Osra nicht so gut kochen wie Fathemeh die im laufe der Jahren sich
wirklich zu einem Meister in der Kochkunst entwickelt hatte. Die Mutter musste nun
wieder von vorne anfangen. Das war für Marie die beste Gelegenheit doch gleich bei
diesen Lehrstunden zu zuschauen um sich weiter im zubereiten von persischen Speisen
zu bilden.
wieder von vorne anfangen. Das war für Marie die beste Gelegenheit doch gleich bei
diesen Lehrstunden zu zuschauen um sich weiter im zubereiten von persischen Speisen
zu bilden.
Der nächsten Tag am Nachmittag gingen Jaden und Marie nun zu der Tante. Ihr Mann
hatte seiner Familie ein sehr großes Haus gebaut mit einem sehr großen Garten und
angrenzenden Praxis und einer kleinen Bettenstation für seine Patienten, er war
Arzt und hatte ein Mittel gefunden wie er Rauschgiftsüchtige Menschen innerhalb
von fünf Tagen heilen konnte. Mit dieser Erfindung ist er sehr reich geworden
und entsprechend großzügig seiner Familie gegenüber.
Sie kamen durch die große Pforte die für Autos bestimmt war auf das Grundstück.
Vor ihnen tat sich der großer Swimmingpool auf mit einem drei Meter Sprungbrett.
Die Kinder waren in und um dem Pool versammelt und es war ein reges Treiben.
Auf einem gepflasterten Steinweg gingen sie in Richtung Haus. Über die ganze Breite
erstreckte sich eine große und tiefe Terrasse. Vorbei am Sprechzimmer, das an den
Wänden komplett mit Marmor ausgekleidet war, ging es in die Empfanghalle. Eine
große Freitreppe schlang sich an der Wand entlang. An einem breiten und hohen
Glasfenster in der Halle floss Wasser und es sah aus wie ein Wasserfall der sich
in dem davor gelagertes Becken ergoss. Ein Teich in der Empfangshalle hatte
Marie vorher nie gesehen und dann noch dieser Wasserfall. Das war schon dekadent.
Figuren rechts und links zum Eintritt in den großen Salon waren vergoldet, genau wie
der Stuck an den Decken. Im Salon sah sie einige Sofa Gruppen mit Sesseln, alle im
Stil von Lous IIXI, links ging es weiter in den Esssalon. Hier stand ein großen
Marmortisch, die Stühle waren an den Wänden und vor dem Fenster verteilt.
Einen Blick in die große Küche zeigte ihr das mindestens 6 Menschen dort herum
wuselten. Auf drei Herden dampfte das Essen und es roch so gut. Marie ging weiter
und fand die Toilette, auch hier war alles komplett aus Marmor, großzügig und feudal
wie alles in diesen schönen Haus.
Die Tante begrüße sie alle hoch erfreut und drückte Marie ganz liebevoll an sich..
Sie taten alles damit sie sich hier auch wohl fühlte und führten sie und Jaden
auf die Terrasse am anderen Ende des Einganges. Hier saßen bereits einige Verwandte
und es wurde Tee und Gepäck gereicht. Hinterher noch Obst und diese
leckeren Melonen (Hindewaneh). Es hatte sich rumgesprochen das Marie in dem
vergangenen Jahr ein wenig persisch gelernt hat und jeder versuchte fest zu stellen
wie weit es mit ihren Kenntnissen ist. Sie bemühten sich ihre Sätze kurz und
verständlich zu halten und so fing Marie an ihre erste Konversation in persisch
abzuhalten und war sehr stolz auf sich. Und Jaden war sehr stolz auf Marie.
Der ganze Aufwand, Fleiß und Mühe hat sich gelohnt. Sie konnte endlich verstehen
was hier gesprochen wurde und langsam, manchmal nach Worten suchend beantwortete
sie alle Fragen.
Immer mehr Gäste kamen und Marie zählte mindestens 50 Personen. Soviel kommen
in Deutschland ja noch nicht einmal zu einer Hochzeit und hier ist es normal.
Als irgendwann später zum Essen gerufen wurde freute sich Marie über die Auswahl
der unterschiedlichsten Speisen die hier aufgetragen waren. Ein Dienstmädchen reichte
Pepsi und 7 Up. Ein anderes Mädchen Wasser. Natürlich konnten nicht alle am Tisch
sitzen und so verteilten sie sich auf den vielen Stühlen im Salon und in der großen
Eingangshalle.
Später nahmen alle wieder auf der großen Terrasse Platz und man konnte in diesem
großen Garten die Grillen zirpen hören, der Pool war inzwischen angeleuchtet weil es
dunkel war und die warme Sommernacht war einfach traumhaft.
Aus dem Salon erklang Musik und die meisten jungen Leute gingen um zu Tanzen.
Auch Jaden und Marie tanzten und inzwischen hatte Marie angefangen ein wenig
diesen Bauchtanz zu üben wie sie es bei Kambis Freundin gesehen hatte. Aber das
war nichts zu den jungen Cousinen hier die die Hüften kreisen ließen, Shimmiy
machten als hätten sie sie aus der Muttermilch gesogen. Es machte so viel Spaß hier
zu sein. Hier bei Jadens Familie. 5000km von ihrer Heimat entfernt. Marie war glücklich.
Glücklich hier zu sein mit ihrem Jaden. Sie war sich jetzt sicher, sie würde sich
in diesem Land wohlfühlen, in Jadens Heimat.
Fortsetzung folgt ...
Copyright: Heidemarie Khan Shaghaghi
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