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Dienstag, 21. Juli 2015

Prinzess Geschichte (39)





Marie #39#

Inzwischen war ein Jahr seit ihrem ersten Besuch in Teheran vergangen und Marie
hatte fleissig ihre  Persisch Lektionen gelernt und fühlte sich fit für die ersten Gespräche
auf Farsi mit der Familie. Das sollte sie auch bald ausprobieren können, denn Jadens
Vater hatte sich angemeldet ihnen mit seiner Frau einen Besuch abzustatten. Sein Bruder
mit seiner Frau, die ja auch gleichzeitig ihre Cousine war,  sollten auch dabei sein und
sie wollten in Frankreich ein Auto für den Vater zu kaufen um damit den langen Weg
nach Teheran antreten. Über 5000 km.
Durch Deutschland, Österreich, Jugoslawien, Bulgarien, Türkei und dann noch fast
1000 km von der türkisch-persischen Grenze bis nach Teheran.
"Was meinst Du Marie, hättest Du auch Lust mit dem Auto nach Teheran zu fahren"
fagte sie Jaden. "Wir könnten auch ein Auto kaufen, und damit diese abenteuerliche
Reise nach Teheran machen um es dort unten wieder mit Gewinn zu verkaufen. 
Im Iran werden ja nur  Peykan hergestellt. Du kennt doch die Taxis mit denen
wir öfter mal gefahren sind. Recht unbequem und nicht gerade hübsch. Alle wollen
jetzt europäische Autos haben" Marie war nicht abgeneigt, denn dieses Jahr hatte
sie sich zwei Monate Zeit für diese Reise genommen und da war eine Woche Fahrt
nicht so schlimm und wenn sie sich damit auch noch ihre Kasse auffüllen konnten,
um so besser" Und so suchte Jaden nach einem passenden Auto mit dem sie die
Reise antreten wollten. Er fand einen, zwar gebrauchten, aber sehr gut erhaltenen
Mercedes 200 mit Ledersitzen. Richtig chic. Das wird nun ihr Reisegefährt.

In zwei Tagen sollte Jadens Familie bei Ihnen eintreffen und sie waren in Reise-
Vorbereitungen. Was soll man auf so eine lange Reise mitnehmen. Gab es überall
Restaurants in denen sie essen können oder nehmen sie besser eine Kühlbox mit
damit sie sich Wurst und Käse unterwegs einkaufen könnten und dann picknicken.
Wie waren die Hotels unterwegs. Man hatte ihnen nahe gelegt unbedingt Bettlaken
und Kopfkissen und natürlich eigene Handtücher mit zu nehmen, weil man ja nie
weiß wo man sein müdes Haupt hinlegen wird. Natürlich packte Marie noch eine
Tischdecke und Geschirrhandtücher ein. Sie kaufte Einweggeschirr und Besteck.
Da kann dann ja nichts mehr passieren. Auch an Toilettenrollen haben sie gedacht.

Jadens Vater und Bruder mit ihren Frauen sind endlich eingetroffen. Sie haben
bereits eine lange Reise hinter sich von Paris bis Hamburg waren es ja 1000 km.
Wären sie alleine gefahren hätten sie natürlich einen anderen Weg gewählt, aber
mit zwei Fahrzeugen war man auf dieser Strecke sicherer. Da es Ferien waren konnten
Marie und Jaden ihnen zwei Zimmer von ihren Flurfreunden  anbieten, dann brauchten
sie nicht in ein Hotel und sie hätten noch einen schönen gemeinsamen Ruhetag.
Am dritten Tag ihrer Anreise sollte sie die erste Station nach Hannover führen.
Marie wollte ihnen ihre Eltern vorstellen und die Nacht sollten alle gemeinsam
in ihrer Wohnung verbringen. Es war ein sehr netter Abend und mit Händen und
Füßen wurde sich unterhalten. Englisch, Deutsch, Persisch. Alles durcheinander.
Natürlich bekam der Vater ein köstliches deutsche Bier vorgesetzt mit einem Korn.
So wie es hier Sitte ist. Die Mama hat belegte Brote gemacht die sie schön dekoriert
auf  Platten angeboten hatte. Mit Gewürzgurken und aufgeschnittenen Tomaten,
die einen kleinen Kalks Mayonnaise aus der Tube bekommen hatten und je ein
Sardellenfilet dekoriert. Bestimmt hatten sie so ein deutsches Abendbrot noch nie
gegessen, aber sie betonten das es ihnen sehr geschmeckt hätte.

Am nächsten Morgen kam der Abschied von den Eltern und die Reise konnte endlich
beginnen. Der erste Tag war natürlich dank der vorhandenen Autobahnen sehr angenehm
zu fahren. Sie fuhren über München nach Salzburg und da sie aus Hannover ziemlich
spät abgefahren sind, suchten sie gleich hinter Salzburg ihre erste  Übernachtungsmöglichkeit.
Es war ein einem kleinen Dorf mit typischen schönen österreichischen Häusern die alle
wunderschöne bunte Blumenranken an ihren Fenstern hatten. Gegessen wurde in einem
Wirtshaus wo es munter her ging und es sehr rustikales Essen gab. Almdudler Limonade
wollte Marie trinken, als Kind hatte sie die immer getrunken wenn sie auf der Durchreise
nach Italien waren. Köstlich schmeckte dieses süße Getränk und wohl genährt fielen
alle erschöpft von der Reise in ihr weiches Bett mit den dicken schweren Federbetten.

Weiter sollte die Reise sie nach Klagenfurt führen aber es waren schon einige Bergpässe
zu überwinden und so kamen sie erst gegen Abend dort an. Das ist zu wenig, sagte der
Vater. Mindestens nach Llubljana müssten sie weiter fahren, damit der nächste Stopp
dann in Sofia sein könnte. Also fuhren sie weiter und kamen sehr spät in der Nacht
in Llubljana an und fanden zum Glück auch dort gleich ein einigermaßen komfortables
Hotel das noch ein kleines Restaurant hatte wo sie Cevapcici mit Tomatenreis
essen konnten.  Genauso konnte die Reise weiter gehen, dachte sich Marie und wusste
nicht was auf dem berühmten Autoput durch Jugoslawien für Gefahren auf sie lauerten.

Die Strecke von Llublijana bis Zagreb war dreispurig, aber nicht für jede Richtung
sondern der Mittelstreifen diente den Fahrzeugen als Überholstreifen und da war die
Gefahr groß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug frontal zusammen zu stoßen.
Rechts und links der Fahrbahn sahen sie die vielen Autowracks für die diese Reise
hier geendet hatte. Ein beängstigende Fahrt mit rasanten Überholmanöver die der
Vater und auch der Bruder vor ihnen durchführten. Marie musste mehr als einmal
die Augen schließen und sie bekam richtig Angst und weigerte sich einen Teil der
Strecke als Fahrerin zu übernehmen. So eine Fahrweise hatte sie noch nie erlebt.

Einen kleinen Zwischenstopp sollte in Zagreb sein um dann weiter in Richtung Sofia
zu fahren. Es ist eine ziemlich triste Stadt fanden sie. Zugebaut mit Plattenbauten und
überhaupt nicht schön und aber sie wollten ja keine Stadtrundfahrt machen, sondern
einfach nur einen Kaffee trinken und eine kleine Pause einlegen. 
Weiter ging es über eine noch beschwerlichere Reise in Richtung Bulgarien.
Die Straßen wurden immer enger, teilweise waren es Alleen mit Baumbestand an
den Seiten. Und wenn ihnen ein LKW entgegen kam mussten sie richtig ausweichen.
Das kann ja noch heiter werden, hoffentlich sind die Straßen in Bulgarien besser.
Aber das sollte bei der Hoffnung bleiben, denn auch hier waren keine guten Straßen 
Verhältnisse, aber irgendwann erreichten sie Sofia wo sie ihr Mittagessen einnehmen
wollten. Jadens Vater fuhr rasant vor und an einer Kreuzung sahen sie ein  Schild
"Restaurant" . Leider zeigt es genau in eine Einbahnstraße, aber sein Vater fuhr die
Straße hoch.  Jaden zögerte, weil genau an der Ecke ein Polizist auf einem
uralten Armeemotorrad saß und die Aktion verfolgte. "Den frage ich mal ob wir
da hoch fahren dürfen" Jaden  fuhr also auf den Polizist zu.

"Können Sie uns sagen ob wir da hoch fahren dürfen?" Jaden sprach auf deutsch und
um seine Frage noch zu unterstreichen zeigte er mit seiner Hand auf die Straße die
nach oben führt. Der Polizist schaute in ihr Auto, sah Marie auf dem Beifahrersitzt
sitzen und antwortete "Passport". Wie bitte, wieso will der denn jetzt unsere Pässe
sehen. Marie war total aufgebracht. "Passport" sagt der Polizist  nun etwas forscher
und den beiden blieb nichts weiter übrig als ihm ihre Pässe zu geben. Was der damit
wollte war ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Denn der Polizist startete sein
Uraltmotorrad und fuhr weg. Nun standen sie da, mitten in der Hauptstadt von
Bulgarien und ohne ihre Pässe. Und der Vater war auch weg. Was sollen sie denn
jetzt nur machen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam der Vater die Einbahnstraße,
aber dieses mal aus der richtigen Richtung runter und hielt an um zu fragen warum
sie denn nicht mit hoch gefahren sind. Da gabs ein schönes Restaurant. "Uns ist
jetzt nicht zum essen zu mute, denn unsere Pässe sind weg." Und Jaden erzählte ihnen
was vorgefallen war. Sie mussten jetzt hier warten. Vielleicht kam der Polizist mit
einem Dolmetscher zurück.

Sie warteten noch eine weitere gefühlte Ewigkeit bis Jaden beschloss eine
Polizeiwache zu suchen. Irgendwo muss dieser Kerl doch mit ihren Pässen sein.
Langsam fuhren sie weiter, auf der Suche nach Polizei und zwei Ecken weiter
sahen sie ihn. Der Polizist stand seelenruhig mit einem Kollegen und unterhielt
sich angeregt. Jaden steuerte das Auto auf sie zu und stieg aus und sprach, naja
er sprach eigentlich nicht. Er zückte sein Portemonnaie und bot den Männern Geld
an. Schöne neue DM Scheine, im Tausch gegen ihre Pässe. Und es klappte.
Wie froh war sie und wie empört über die Korruptheit in diesem Land. Der
Hunger war ihnen vergangen und sie wollten so schnell wie möglich dieses Land
verlassen.

Unterwegs kauften sie sich etwas Käse und Brot, machten ein schnelles Picknick
und waren froh an der Grenzstadt Edirne angekommen zu sein. Hier ging alles
Reibungslos und keine Verzögerung mehr denn es war bereits mitten in der
Nacht. Wo sollten sie jetzt schlafen und fuhren weiter bis sie nach Büyükçekmece,
ein Ort am Meer kurz vor  Istanbul. Hier fanden sie ein Hotel das direkt
am Meer lag und auch noch drei  Zimmer frei hatte. Allerdings waren alle Restaurants
im Ort bereits geschlossen und die Hotelküche hatte auch schon zu. So sammelten sie
alle Brot- und Käsekrümel die ihnen von ihrem Picknick noch übrig geblieben waren ein.
Zum Glück hatten sie unterwegs, bereits in der Türkei am Straßenrand ein paar
Tomaten und Gurken gekauft. Diese verspeisten sie nun alle gemeinsam  mit
Genuss auf der Terrasse ihres Zimmers. Sie hörten das Meer rauschen, sehen konnten
sie es aber nicht. Es war viel zu dunkel. Aber sie waren glücklich. Hatten sie doch
fast die Hälfte ihrer Reise um und beschlossen einen Tag und eine weitere Nacht
hier zu bleiben um sich von den Strapazen ausruhen können. Besonders heute, die
Geschichte mit den Pässen saßen Jaden und Marie noch in den Gliedern.



 Fortsetzung folgt ...

Copyright: Heidemarie Khan Shaghaghi




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