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Dienstag, 14. Juli 2015

Prinz Geschichte (12)





Jaden  #12#


Jaden wollte Marie die Stationen seiner Kindheit und Jugend zeigen.
Aufgewachsen ist Jaden in der Khiabane Jaleh. Eine breite Prachtstraße
nicht weit vom Parlaments Gebäude und auch ganz in der Nähe der
Moschee Sepahsalah  die einst sein Großvater erbaut hatte.Zu dieser
Zeit war es ein schöner Stadtteil in dem viele Minister und Diplomaten
wohnten. Heute sind alle in den nördlichen Teil der Stadt gezogen.
Zunächst lebten sie bis zu seinem achten Lebensjahr behütet von der Mutter hier.
Aber nach der Trennung und Scheidung der Eltern musste Jaden und sein Bruder
in ein Internat, zum Glück lag das in Teheran. Madrese Schabaneh Ruzi heißt das
auf Persisch, erklärte Jaden Marie. Und sie kamen am Wochenende immer
nach Hause. Auch seine beiden kleinen Geschwister waren im dortigen
Schulkindergarten, wurden aber am späten Nachmittag immer abgeholt
und zum Vater nach Hause gebracht. Von seiner Schulzeit, die Jaden  ganz
besonders intensiv erlebt hatte, erzählte er Marie viel und lange.
Besonders was sie nach der Schule auf dem Nachhauseweg erlebt hatten.
Um nach der Schule den Hunger zu stillen gingen sie immer zu einem
Sandwichladen, bei *Andre´* und kauften sich die leckersten Sandwiches
mit Kalbas/Motadella oder Kuku Sabsi/Kräuteromlette oder Salad Olivie/
Kartoffelsalat mit Hähnchen.Dort war  auch Treff- und  Sammelpunkt der
hübschesten Mädchen der Stadt und es wurde natürlich geflirtet was das Zeug
hielt. Jaden wollte Marie auch  unbedingt seine Schule zeigen und so gingen sie
zum Alborz Gymnasium und fragten den Pförtner ob sie das Schulgelände
besichtigen durften und vielleicht sogar den Klassenraum sehen in dem
Jaden im letzten Jahr seiner Schulzeit für sein Abitur gelernt hat. Der freundliche
Pförtner rief das Rektorsekretariat an und man gewährte ihnen Einlass.
Zunächst betraten sie  die recht große Parkähnliche Anlage wo es viele
Sportmöglichkeiten gab. Die Schule existierte zwar schon sehr lange,
aus dem vorigen Jahrhundert, aber es war eine moderne  Schule mit hohem Ansehen.
Das Gebäude hatte einen sehr schönen orientalisch anmutenden Eingangsbereich durch
den sie in das innere kamen. Jaden wollte gerade auf seinen Klassenraum zusteuern
als ihn sein  ehemaliger Schulrektor Dr. Mojtahedi entgegen kam. Jaden begrüßte ihn
natürlich und musste sich noch einmal vorstellen, es waren ja doch bereits ein paar
Jahre vergangen seitdem Jaden die Schule verlassen hatte. Aber der Herr Direktor
konnte sich noch gut an ihn erinnern. Er blinzelte sogar Marie zu, die ihm von Jaden
vorgestellt wurde. Sicherlich war er nicht immer nur ein bravster Schüler.
Weiter ging es in Richtung der Anooshiravan Dadgar  High School, die gleich
um die Ecke lag. Hier auf dem Nachhauseweg hatten er und seine Schulfreunde
immer die Mädchen getroffen, geflirtet und hier ging auch Nushin zur Schule.
Nushin, seine Jugendliebe. Die Erinnerungen an sie waren noch da,
aber das gehörte zu seiner Jugend mit allem dazu. Sie wollte sich wieder mit
mir verabreden, dachte Jaden. Aber es ist längst Vergangenheit für mich.
Eine schöne Erinnerung, mehr aber auch nicht!
Ich werde jetzt Marie meinen Friseur zeigen, Josef Salmunie, wo meine Freunde
und ich immer hingegangen sind. Und sie  gingen nur ein paar Schritte weiter und
waren schon am Friseursalon angekommen. Natürlich hatte Josef ihn erkannt und
er kramte sofort in einer Schatulle die er aus einer Schreibtischschublade zog
und fand auch gleich ein Bild von Jaden und freute sich ihn wieder zu sehen.
Sein Freund Mahdi kommt seitdem er  aus den USA zurück gekehrt ist wieder
regelmäßig zu ihm und sollte Jaden einmal zurück kehren würde er sich freuen
auch ihn wieder als seinen Stammkunden zu bekommen.
Ihnen wurde noch ein Tee angeboten, den sie dankbar annahmen. 
Langsam bekamen Jaden und Marie Hunger und er wollte ihr nun unbedingt
das legedäre Ghavehkhune und Restaurant Naderi zeigen. Hier gingen die
Eltern in früheren Zeiten zum Tanztee, den gab es heute nicht mehr. Trotzdem
hatte sich das Kaffee und Restaurant äusserlich überhaupt nicht verändert,
selbst die Kellner scheinen noch aus der vergangenen Zeit zu sein  dachte Jaden
als er mit Marie den Raum betrat. Sie setzten sich an einen Tisch  am Fenster
und Marie konnte sich bestimmt vorstellen wie es hier einmal war.
Beim Tanztee mit der Kapelle die auf der Bühne spielte und wir Kinder sind
überall mit rumgewuselt. Es war eine etwas schmerzliche Erinnerung für Jaden,
weil sie nach der Trennung der Eltern nie wieder dort hin gegangen sind.
Aber nun war er erwachsen und alles war anders. Schade das er hier nicht mehr
mit Marie tanzen kann, genauso wie seine Eltern damals.
Weiter sollte sie der Gang in die Vergangenheit über die Straße Istanbul führen.
Am Ende dieser Geschäftsstraße zeigte Jaden Marie einen paar kleinere Häuser
mit Geschäften im Erdgeschoss . "Die gehörten alle meinem Vater" Er hat sie von
meinem Großvater geerbt und als Junge bin ich immer hingegangen um die
Miete zu kassieren"  Manchmal zweigte  ich mir etwas Geld ab um mit den
Freunden in einem Bierhaus Bier und Arak (Schnaps) zu trinken, schließlich
stand mir eine Belohnung für diese Arbeit zu, aber es gab jedes Mal mords Ärger
mit dem Vater der von einer Belohnung nichts wissen wollte. Aber das störte Jaden
nicht wirklich. Machte er es doch immer wieder, bis irgendwann der Vater selber
losging um die Mieten kassieren.
Weiter führte sie der Weg zum Geburtshaus von Jaden, aber das stand nicht mehr.
Überall war man am Häuser abreißen um größere zu bauen. Also zogen sie
weiter um endlich zur Khiabane Jaleh zu gelangen wo Jaden den größten Teil
seiner Kindheit verbracht hatte.  Das ehemalige Elternhaus war ein Eckhaus.
Eine hohe Mauer führte in eine Seitenstraße und Jaden erzählte wie einmal der
Vater  von einer Libanonreise einen ganzen Stauden Bananen mitgebracht hatte.
Diese wurde zur Lagerung in einem der Bäume im Garten aufgehängt. Am Abend
waren der Vater mit der Stiefmutter irgendwo eingeladen und Jaden und seine zwei
Brüder hatten unheimlich Appetit auf Bananen. Und stopften sich eine nach der
anderen rein. Und sie bekamen fürchterliche Bauchweh. Als der Vater nach Hause kam
war die halbe Bananenstaude weg, dafür hatte er drei freche Jungs mit fürchterlichen Magenkrämpfen. Zur Strafe gabs dann lecker Ritzinusöl, denn Strafe musste sein.
Selber schuld, erzählte Jaden. "Nicht die Jungs mitbringen, bitte," war die ausdrückliche
Aufforderung der Gastgeber. Nur unsere Schwester durfte mit weil die lieb war und
wir drei Jungs immer nur Blödsinn gemacht hatten.
Aber natürlich störte es sie nicht im geringsten, sollten sie doch bei diesen Besuchen
immer ruhig sitzen und das mochten sie überhaupt nicht. Und das Ehepaar das zu
Hause auf sie aufpassen musste konnte nie wirklich streng zu ihnen sein.
Jaden erzählte Marie noch das sie im heißen Sommer entweder im Garten oder wenn
es ganz arg heiß war im Keller geschlafen hatten, denn die Klimaanlagen waren
damals noch nicht das was sie heute sind. Wie die Orgelpfeifen wurden die Betten
aneinander gereiht und zum Schutz der Mücken wurde ein Himmelbettvorhang
aufgehängt. Der Vater schlief an einem Ende und die Mutter am anderen und wenn
Übernachtungsbesuch da war, wurde die Reihe einfach vergrößert.
Bei der bildlichen Vorstellung dieser Schlafzeremonie in den heißen Sommernächten
von Teheran musste Marie lachen. Wie gut das sie heute alleine mit Jaden in ihrem
kleinen Penthous mit einer gut funktionierenden Klimaanlage schlafen konnten. Und
schade das sie nicht auch das innere des Hauses sehen konnte. Hätte Jaden ihr  doch
sehr gerne sein damaliges Zimmer gezeigt und den Garten, wo sie so viel Spaß hatten.
Also gingen sie weiter, am großen Parlamentsgebäude vorbei und bogen ab um sich
die nahe gelegene Moschee Sepahsala anzuschauen. Nun sah Marie auch das
architektonische Meisterwerk aus der Anfangszeit seines berühmten Großvaters.
Imposant und groß war die Moschee und mit wunderschönen Details im Mauerwerk.
Marie war sehr beeindruckt.
Ein weiterer Prachtbau aus der Hand des Großvaters erstanden war das Stadttor
Baghe-e Melli Tor. Hierzu erzählte er ihr eine lustige Geschichte.
Der Großvater war in erster Ehe mit einer sehr bösartigen Frau verheiratet die er
nicht liebte. Diese Ehe war wohl, wie es in der Zeit damals üblich, arrangiert worden.
Und damit er seine Ruhe vor dieser Frau hatte baute er oberhalb des Torbogens
einen Raum mit ein, den hatte er aber ohne Treppenaufgang versehen. Man konnte
diesen Raum also nur mit einer Leiter erreichen. Diese zog er hoch wenn er sich in
diesem Raum befand und niemand konnte ihn stören. Der Großvater soll dann noch
einmal geheiratet haben und die zweite Frau war an Anmut und Schönheit das ganze
Gegenteil von seiner ersten Frau. Jaden erzählte Marie noch weitere heitere
Geschichten aus dem Leben seines Großvaters und natürlich auch aus seiner
eigenen Jugendzeit.

 Fortsetzung folgt ...

Copyright: Heidemarie Khan Shaghaghi







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